„Mit DeSci können wir Web3-Paradigmen in die Wissenschaft bringen. Wir sollten das mitgestalten.“
DeSci ist einer der Krypto-Trends des Jahres: DAOs, Token und Smart Contracts sollen Probleme des Wissenschaftsbetriebs lösen. Mit dabei ist die Max-Planck-Gesellschaft, die mit bloxberg sogar eine eigene Blockchain gegründet hat. Im Interview erzählt die Initiatorin Friederike Kleinfercher mehr.
Die Informatikerin Friederike Kleinfercher leitet bei der Max-Planck-Gesellschaft den Bereich der Digital Labs . Zu ihren Aufgaben gehört es, neue Technologie in die Forschungsgesellschaft zu bringen – etwa die Blockchain. Seit 2017 beschäftigt sie sich mit dem Thema, mit bloxberg und DeSci.Germany bringt sie die Blockchain nun in die Wissenschaft.
Guten Tag Frau Kleinfercher. Sie sind Leiterin der Initiative DeSci.Germany und Expertin im Bundesverbandes Blockchain. Was treibt Sie an?
Als Max-Planck-Gesellschaft müssen wir die neue Technologie verstehen und mitgestalten, anstatt den Zug zu verpassen und neue Abhängigkeiten entstehen zu lassen, wie schon bei den Publishern. Generell gesehen wird es Zeit, dass wir das Blockchain/Krypto-Thema aus der Finance-Ecke rausholen. Es kann noch viel mehr, und Wissenschaft ist ein hervorragender Anwendungsfall.
Wie kann DeSci der Wissenschaft helfen?
Mit Decentralized Science, DeSci, haben wir die Chance, Web3-Paradigmen in die Wissenschaftswelt zu bringen, wie die Unveränderbarkeit von Daten oder die Verteilung der Kontrolle. Es gibt viele Anwendungsfälle, in denen es wunderbar funktioniert.
Welche zum Beispiel?
In der Wissenschaftswelt haben wir viele zentrale Mittelsmänner. Ein Beispiel ist das Publishing durch Verlage. Das ist ein hoch kommerzialisierter und zentralisierter Betrieb, an dem das ganze Wissenschaftssystem dran hängt. Immer mehr Verlage stehen in starker Kritik. Bei Nature kam etwa heraus, dass bei 20.000 Publikationen die Daten falsch waren. Dazu wird es immer schwieriger, kompetente Peer Reviewer zu finden, während KI-generierte Paper die Verlage fluten. All das gefährdet die Qualität der Forschung und damit auch ihre Glaubwürdigkeit.
Auch das Funding ist hoch zentralisiert und hat große Nachteile. Es ist relativ einfach, eine Finanzierung für ein etabliertes Thema zu erhalten, aber nicht für neue, gewagte Themen. So wird oft redundant geforscht, aber das, was eigentlich nötig wäre, ignoriert. Das Funding durch DAOs ist der erste DeSci-Case, der wirklich funktioniert.
Oder nehmen wir, als drittes Beispiel, den Umgang mit Daten: Wir versuchen seit gut 20 Jahren mit Open Access und Open Science die Wissenschaftler dazu zu bringen, ihre Daten zu teilen, so dass man die Ergebnisse der Forschung besser prüfen kann. Im Prinzip wollen das viele Wissenschaftler, weil es offensichtlich die Qualität verbessert, machen es aber nicht, aus Sorge, dass andere ihnen mit der Veröffentlichung zuvorkommen.
Und diese Probleme kann man durch Blockchains lösen?
DeSci kann zumindest ein Teil der Lösung sein. Genauer gesagt: Ist es schon. Wir nutzen etwa Zeitstempel (TimeStamps), um auf der bloxberg-Blockchain zu beweisen, dass öffentliche Daten auf bestimmte Wissenschaftler zurückgehen. SAIRA , vom Fraunhofer-Institut, hat ein solches System während der Corona-Pandemie eingeführt, um den raschen Datenaustausch zu erleichtern.
Wenn man dazu den Forschungsprozess durch Timestamps absichert, kann man nachweisen, dass es einen Prozess gibt und ein Paper nicht in fünf Minuten durch ChatGPT geschrieben wurde. Wiley empfiehlt schon heute, Zwischenschritte, etwa erste Bilder von Mikroskop-Schnitten, per Timestamp auf bloxberg abzusichern.
Und für die Peer Reviews kann man Anreize setzen, indem Reviewer Token bekommen, die dann als Utility Token nützlich sind oder die Reputation verkörpern. Dies steht aber noch am Anfang.
Dezentrale Autonome Organisationen, DAOs, erlauben es, die Finanzierung von Forschung zu dezentralisieren. Das bringt neue Sponsoren ins Spiel, während es mit der Tokenisierung von intellektuellem Eigentum neue Geschäftsmodelle eröffnet.
Sie haben bloxberg erwähnt. Das ist die Blockchain, die Sie für die Max-Planck-Gesellschaft aufgebaut haben?
Genau. Wir haben eine Blockchain gesucht, die zu unseren gewünschten Anwendungen passt, aber keine gefunden. Also haben wir selbst eine entwickelt. Am Anfang waren 11 Forschungseinrichtungen aus aller Welt beteiligt, darunter auch sehr angesehene Hochschulen. Seit Anfang 2019 läuft die Blockchain stabil, wir haben 50 Forschungsorganisationen, die die Nodes stellen, und schon mehr als 20 Millionen Transaktionen. Viele davon sind Zeitstempel, die Daten oder Zwischenschritte beweisen. Aber im Details weiß ich auch nicht, was alle Transaktionen bezwecken.
Auf welcher Technik baut bloxberg auf?
bloxberg ist eine Fork von Ethereum mit einem anderen Konsens-Mechanismus, Proof of Authority. Nur Forschungseinrichtungen dürfen Validatoren betreiben, die bestehenden stimmen onchain darüber ab, ob neue Einrichtungen hinzu kommen dürfen. Die Token sind im Moment nicht monetarisiert, sie sind ein reiner Spamschutz und werden von uns ausgegeben.
Machen Sie sich Sorgen, dass Sie sich mit bloxberg in ein Silo einschließen und das Beste verpassen? Die meisten erfolgreichen DeSci-Projekte laufen ja auf öffentlichen Blockchains …
In der Tat. Wir überlegen bereits, ob wir bloxberg auf eine L2 von Ethereum umstellen. Das wäre dann kompatibler mit anderen Systemen, etwa den ScienceDAOs oder den Publishing-Plattformen. Früher oder später werden wir vermutlich auch die Token monetarisieren, um unsere Blockchain unabhängiger zu machen. Wir sind aber noch am Überlegen.
Wie ist denn das Feedback der Forscher? Sind Wissenschaftler offen für DeSci?
Bisher sind wir noch sehr klein, aber soweit ich es sehe, wächst DeSci rasant. Für die Max-Planck-Gesellschaft haben wir bereits mehr als 22.000 Forschungsdaten zertifiziert. Das ist schon einiges. Wenn wir auf allgemeinen Forschungsveranstaltungen sprechen, wissen die meisten Forscher nicht, was DeSci ist, verstehen aber rasch und intuitiv, welche Probleme es löst. Daher denke ich, dass es extrem wichtig ist, sich jetzt zu positionieren, wenn es in einigen Jahren so weit ist. Es braucht noch Zeit. Aber das Bewusstsein, etwa für die Probleme mit Publishern, ist definitiv vorhanden.
Wenn Sie die DeSci-Landschaft betrachten, speziell in Deutschland, welche Projekte finden Sie am interessantesten?
Wir waren letztens auf der Blockchain Week in Berlin. Es gibt bereits ein paar hundert Projekte, viele aus der Wissenschaft, manche kommerziell. Es geschieht wahnsinnig viel, und seit Krypto-Prominente wie Brian Armstrong, Changpeng Zhao und Vitalik Buterin sich für DeSci stark machen, explodiert das Ökosystem förmlich.
Am besten funktionieren bisher Science DAOs, also dezentrale Organisationen, die das Funding übernehmen. Kommerziell am erfolgreichsten ist dabei Molecule aus Berlin. Die erhielten sogar schon ein Funding von Pfizer. Biotech-Firmen sind bereits im Begriff, sich auf die DAOs einzulassen. Die traditionelle Forschung braucht noch etwas, dafür müssten DAOs zunächst rechtssicher werden.
Generell scheinen die Bio- oder Gesundheitswissenschaften am empfänglichsten für DeSci zu sein. Wissen Sie, warum?
Ja, derzeit sind es vor allem Projekte aus dem Bereich BioTech und Pharma, die Funding und Aufmerksamkeit bekommen. Ich vermute, es gibt hier ein kommerzielles Interesse daran, und große Firmen können bereits am Anfang der Forschung Rechte auf die Ergebnisse sichern. In der Branche sitzt eben auch viel Geld. Andere Disziplinen sind auch interessiert, aber noch viel schwächer vertreten.
Wie ist es beim zweiten großen DeSci-Bereich, den Publikationen – schält sich da bereits ein Platzhirsch heraus?
Das ist schwer zu sagen. Das erste Projekt, research.hub , ist dank Brian Armstrong gut mit Kapital versorgt. Ich weiß noch nicht, ob es hier einen echten Marktführer gibt. Generell ersetzen sie noch keine traditionellen Publisher. Junge Forscher, etwa PHDler, finden es klasse, aber die Institutionen sind noch nicht so weit. Wenn man etwa Direktor an einem Max-Planck-Institut werden will, muss man vorweisen, bei den großen, etablierten Verlagen publiziert zu haben. Ich denke, es wird einen Generationenwechsel brauchen, bis sich solche neuen Modelle durchsetzen.
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